Hilfsangebote sind vorhanden
Mit zunehmendem Alter der Bevölkerung nehmen auch die psychischen Störungen im Alter zu. Je früher solche Störungen erkannt werden, desto besser kann den Betroffenen geholfen werden. Dieses Ziel verfolgt das im Jahr 2016 gegründete Netzwerk Alterspsychiatrie Oberaargau.
Dr. Hartman, Sie arbeiten an einem Projekt «Früherkennung psychischer Störungen im Alter». Können Sie uns näher erläutern, um was es sich dabei handelt?
Im Frühling 2016 wurde das Netzwerk Alterspsychiatrie Oberaargau gegründet. Eines der Ziele, welche wir verfolgen, ist die Früherkennung von psychischen Störungen im Alter und deren Behandlung. Gerade bei Hochbetagten werden psychische Störungen häufig verkannt und bleiben unbehandelt. Dabei ist nicht nur an demenzielle Erkrankungen zu denken, sondern auch an Depressionen, Sucht- und Angsterkrankungen.
Welche Institutionen und Organisationen sind an diesem Projekt beteiligt und was ist deren Aufgabe?
Im Netzwerk Alterspsychiatrie Oberaargau sind verschiedene Institutionen vertreten. Neben einigen Heimen aus der Region engagieren sich auch regionale Spitexorganisationen, Hausärzte sowie ein Apotheker.
Trotz verschiedener Kampagnen, die zur Aufklärung und Entstigmatisierung von psychischen Störungen geführt werden, haben oft gerade ältere Menschen grosse Vorbehalte, sich in psychiatrische Behandlung zu begeben, auch wenn dies aus ärztlicher Sicht notwendig wäre.
Hinzu kommt, dass psychische Beschwerden im Alter häufig als «normal» betrachtet werden. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, auf Hilfsangebote aufmerksam zu machen und Widerstände abzubauen.
Welche Instrumente werden eingesetzt? Die Heime, welche in unserer Organisation vertreten sind, haben in Zusammenarbeit mit unserem Dienst ein Screening-Verfahren entwickelt, wobei der Schwerpunkt zunächst auf «Früherkennung Demenz» gelegt wurde. Bei jedem neuen Heimbewohner werden u. a. ein sogenannter Mini-Mental State Test (MMST) und ein Uhrentest durchgeführt. Der MMST erfasst mit insgesamt 30 Fragen die kognitive Leistungsfähigkeit und ermöglicht eine Einschätzung des Schweregrades der kognitiven Beeinträchtigung. Diese Befragung wird von einer Pflegefachfrau durchgeführt und mit dem sogenannten Uhrentest ergänzt. Beim Uhrentest wird die Testperson gebeten, das Zifferblatt einer Uhr zu zeichnen, alle Zahlen einzutragen und die Zeiger auf eine bestimmte Uhrzeit einzustellen.
Wo können Menschen einen solchen Test machen und mit welchem Zeitaufwand muss gerechnet werden?
Das Demenzscreening ist ein Standard- verfahren, das bereits seit vielen Jahren besteht. In der Regel wird dieses Screening vom Hausarzt durchgeführt und dauert ungefähr 20 Minuten. Bei einem auffälligen Testergebnis entscheidet der Hausarzt zusammen mit dem Betroffenen und den Angehörigen, ob weitere Abklärungen sinnvoll sind. Falls weitere Abklärungen notwendig und gewünscht sind, wird der Hausarzt weitere diagnostische Abklärungen beim Psychiater oder Neurologen veranlassen.
An wen können sich Interessierte wenden, um mehr Informationen zum Thema «Früherkennung Demenz» zu erhalten?
Die Alzheimervereinigung ist die erste Anlaufstelle bei Fragen zum Thema De- menz. Auch die Pro Senectute kann Aus- kunft geben.